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Tödliche Hunde-
Innerhalb von wenigen Tagen werden drei Menschen durch Hunde totgebissen. Während viele den Schuldigen längst zu kennen glauben, zeigen immer mehr Tierschützer auf das obere Ende der Leine. Zu Recht, findet unsere Autorin.
Es ist ein sommerlicher Tag, als die Kinder einer Schule in Hamburg gerade über den Hof zur Turnhalle gehen. Die Pausenklingel hat noch ein paar Minuten Zeit, noch ein Spiel, vielleicht noch zwei. Der sechsjährige Volkan steht in einer Gruppe mit Mitschülern, als zwei Hunde über die Mauer auf den Schulhof springen und auf ihn zu stürzen. Die Kinder rennen, auch Volkan rennt, aber da beißt ein Hund sich bereits fest in den noch kleinen Körper. Auch der zweite Hund erreicht ihn. Und dann geht alles sehr schnell. Ein junger Mann und seine Freundin kommen herbeigerannt, sie versuchen ihre Hunde loszureißen, werden selbst gebissen. Die Polizei erreicht den Unglücksort, erschießt den ersten Hund und verwundet den zweiten, der sich mehrmals getroffen noch hunderte Meter ins Gebüsch schleppt. Aber Volkan ist schon tot. Sein Körper liegt leblos auf dem Rasen, daneben der erschossene Hund.
Diese Szene ereignete sich bereits vor 18 Jahren. Sie ist der Beginn einer langen und schwierigen Debatte über die Haltung von besonders aggressiven Hunden und die Verantwortung des Menschen für sein Tier. In einem Gerichtsprozess wurde der Hundehalter zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt, seine Freundin zu einer Bewährungsstrafe.
Zu wenig, finden die meisten. Findet auch Volkans Vater. Die Bestürzung und die Wut brodeln weiter, ein Halteverbot für Kampfhunde wird gefordert. Das Tier wird zum Sündenbock. Die Bundesländer führen Listen ein, auf denen gefährliche Hunderassen verzeichnet werden, ein Wesenstest wird entwickelt und durchgesetzt. Der Wesenstest zeigt eindeutig, dass die Gefährlichkeit eines Hundes nicht von seiner Rasse abhängt. Das hatte man sich anders vorgestellt.
Das Problem ist nicht der Staffordshire
Aber die Stigmatisierung des Listenhundes ist schon in vollem Gange. In den nächsten Jahren kommt es wieder zu tödlichen Beißattacken, auch durch Listenhunde. In der vergangenen Woche tötete ein Staffordshire seinen Besitzer und dessen Mutter in ihrer Wohnung in Hannover. Am Montag wird ein sieben Monate altes Baby von einem Hund in den Kopf gebissen und stirbt am Abend im Krankenhaus. Obwohl über die Rasse des Mischlingshundes noch Unklarheit herrscht, scheinen viele schon deutlich einen Staffordshire in seinen Zügen zu entdecken. "Aha", heißt es. Da haben wir den Übeltäter. Aber der Schluss ist vorschnell.
Als die Pitbull-
Kein Hund ist aus sich heraus aggressiv!
Nach Angaben von Augenzeugen sollen auch die Mutter aus Hannover und ihr 27-
Was aber schon zu diesem Zeitpunkt klar ist: Ein Hund ist nicht von Natur aus aggressiv. Dabei spielt es keine Rolle, ob er als Kampfhund stigmatisiert wurde. Auch ein Labrador kann zubeißen. Es spricht auch niemand darüber, dass viele kleinere Hund aggressiv an der Leine bellen. "Ach wie niedlich, der Kleine regt sich auf", heißt es. Natürlich hat ein Chihuahua nicht die Lautstärke eines Staffordshire, ein Labrador nicht seine Kieferstärke, aber die Verhaltensmuster sind die gleichen. Und es sind auch die gleichen Menschen, die sich einen Hund anschaffen und ihn nicht erziehen können. Sie kaufen die Tiere aufgrund ihres Aussehens, vielleicht auch aufgrund ihres Rufs. Dass Ibrahim K. seinem Hund den Namen Zeus gab, kommt auch nicht von ungefähr.
Es ist für mich völlig unverständlich, wie Menschen sich Hunde zulegen können, ohne ihr Wesen auch nur im Ansatz begriffen zu haben. Ohne zu wissen, wie Hunde lernen, was sie brauchen und was sie fühlen. Dass ein Tier, das ein Leben in einem Stahlkäfig fristet, kaum Auslauf bekommt und in einer Familie lebt, in der mutmaßlich Aggressivität dominiert, selbst aggressiv wird, kann kaum verwundern. Das macht es natürlich nicht weniger schlimm, aber er ist erklärbar. Und lässt sich verhindern.
Übernehmt Verantwortung, liebe Hundehalter
In Niedersachsen müssen Hundehalter seit einigen Jahren einen Hundeführerschein machen, wenn sie sich ein Tier neu anschaffen. Der sogenannte Sachkunde-
Für die Besitzer von Chico kam die Einführung dieser Maßnahme zu spät, der Hund war bereits im Familienbesitz. Trotzdem ist es ein Schritt in die richtige Richtung. Menschen müssen dafür sensibilisiert werden, dass Tierhaltung und insbesondere Hundehaltung mit einer großen Verantwortung einhergeht. Ein Tier ist immer mehr als ein Statussymbol oder ein abendlicher Schoßwärmer. Die Vorfälle der vergangenen Tage haben einmal mehr gezeigt, dass es Leben sind, mit denen wir hier umgehen.
(Svenja Napp, 13. April 2018)